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Interessante Einblicke

in vergangene Glasmacherzeiten

Schweißtreibende Tour des Wald-Vereins zum ehemaligen Glashüttenstandort Schachtenbach

Trotz hochsommerlicher Temperaturen konnte Wanderwart Martin Weinberger am Parkplatz der Kaisersteig-Loipe zur Schachtenbachtour 26 Teilnehmer begrüßen. Mit dabei war auch der 1. Vorstand des Zwieseler Wald-Vereins. „Ich kenne diesen Teil unseres schönen Bayerischen Waldes nicht so gut und auch die Geschichte der ehemaligen Glashüttentradition interessiert mich sehr“, so Reinhard Wölfl.

Die Wandergruppe an ihrem erreichten Ziel, dem Glashüttenstandort Schachtenbach

Die muntere Schar marschierte beschwingt auf dem Wanderweg 29 durch einen schönen Mischwald, der erfreulicherweise immer wieder Schatten spendete. Bergauf führte die Tour am Dachsenriegel vorbei und Martin Weinberger unterbrach an interessanten Standorten die Wanderung. Er erzählte bei der Abzweigung zur „Oleg“ (Ableg) über die damaligen Bewohner, die in sehr einfachen Häusern wohnten. Es gab keinen Strom und die Wasserversorgung war 700 Meter weit entfernt. Die Familien der Glasmacher lebten in bescheidenen Verhältnissen. Sie bewirtschafteten für den Eigenbedarf ein kleines Ackerland, hatten Obstbäume und eine Viehweide.

Die Glasmacher selbst arbeiteten in den umliegenden Glashütten Althütte, Schachtenbach oder in Regenhütte. Später kamen auch Familien von Holzhauern dazu, denn die Glashüttenbrauchten für ihre Brennöfen enorm viel Holz. Die letzten Bewohner verließen 1968 den Ort und die Wohnhäuser wurden abgerissen. Heute erinnert eine Gedenktafel mit Namen und Bildern an diese ehemalige Einöde.

Weiter führte die Tour zur ehemaligen Glashütte Schachtenbach. Auch hier erzählte Martin Weinberger viel Interessantes über diesen ehemals sehr berühmten Glashüttenstandort. Diese Glashütte wurde 1822 von Wolfgang von Kiesling am Schachtenbach in den Wäldern zwischen Rabenstein und Regenhütte erbaut. 1831 wurde von König Ludwig I. ein Staatspreis ausgelobt. Die Anforderung war, Kristallgläser zu fertigen, in Formen und Farben von unübertrefflicher Schönheit, wie sie an Pracht nur die Pflanzenwelt und das Gefieder der Luftbewohner aufweisen können. Umso mehr erstaunte es, dass „von so einfachen Menschen in einem entlegenen Theile des beierischen Waldes dies vollbracht wurde. Die Anwendung der Farben in ihren harmonischen Übergängen, verbunden mit Decors die an Eleganz und Schönheit nicht leicht ihres Gleichen finden, bringen kaum geahnte Effekte hervor“, so schwärmte 1853 die „Illustrierte Zeitung“.

Die damals von Josef Schmid eingereichten Gläser erhielten den Preis von 3000 Gulden, der damals von König Ludwig I. gestiftet wurde. Ebenso eine weltberühmte Spezialität dieser Glashütte war das so genannte Beinglas. Dieses wurde erzeugt, da dem Gemenge Knochenmehl beigefügt wurde. Weitere besondere Gläser waren das Alabasterglas in den Haupttönen Blau, Rosa und Grün sowie das Aventuringlas und die Herstellung eines beeindruckenden Goldrubinglases. 1865 wurde der Glashüttenstandort aufgegeben und die Glashütte nach Regenhütte verlegt. Danach wohnten Holzhauer in Schachtenbach und 1960 zog der letzte Förster aus. Das ehemalige Forsthaus ist heute noch ein Zeuge aus dieser Vergangenheit.

Die Wanderer besuchten auch noch einen weiterer Glashüttenstandort, die ehemalige Althütte. Diese wurde 1817 erbaut und gehörte zum Glashüttengut Rabenstein, Besitzer war Wolfgang von Kiesling. Nachdem diese durch die Unachtsamkeit eines Schmelzers vollständig abgebrannt ist, wurde ein Neubau in Schachtenbach errichtet. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts lebten noch Holzhauerfamilien in dieser Abgeschiedenheit und betrieben eine kleine Landwirtschaft.

1955 mussten die Familien auf Anordnung des Freistaates Bayern ihre Häuser verlassen, die dann abgerissen wurden. Als letztes Haupthaus wurde 1958 das Haus der Familie Weinberger abgerissen. Die Bewohner wurden in Rabenstein, Regenhütte und Zwiesel angesiedelt. Von der Glashütte sind heute nur noch einige Fundamente zu sehen.

Den Abschluss fand die Tour bei einer gemütlichen Einkehr im Dorfgemeindehaus Rabenstein, wo man es sich im schattigen Garten bei Kaffee und Kuchen gut gehen ließ. Vorstand Reinhard Wölfl dankte Martin Weinberger im Namen der Teilnehmer für diese interessante Nachmittagswanderung.

von Marianne Hirschbold