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Aus Grassert werden Paradeisln

Wald-Verein pflegt am kommenden Freitag altes Vorweihnachts-Brauchtum

Für die Sektion Zwiesel im Bayerischen Wald-Verein ist die Pflege alten Brauchtums ein wichtiger Bestandteil ihrer kulturellen Arbeit. So treffen sich die Sektionsmitglieder, wenn möglich mit einer Gartenschere ausgerüstet, am Freitag, 5. Dezember, ab 16.30 Uhr in der Aula der Mittelschule unter der Regie von Evi Haller zum Paradeislbinden. Viele fleißige Hände werden gebraucht, um die schmucken Tannenpyramiden zu basteln. Auch Gäste sind jederzeit willkommen, sie erhalten kundige Anleitung für diese Brauchtumspflege.

Fleißige Helfer

Eine Fuhre frisches Tannengrün, das die bewährte Truppe der „Grassertsammler“ mit Franz Mühl, Martin Weinberger, Manfred Weinberger, Dietrich Ritter, Stefan Jaki, Ursula Stober und Günther Urmann zusammengetragen hat, liegt zum Verarbeiten bereit. Da das „weiße“ Tannenreisig in den Wäldern rund um Zwiesel rar geworden ist, fragte Organisatorin Evi Haller bei der Fürstlich Hohenzollnernschen Forstverwaltung in Bayerisch Eisenstein nach, und diese konnte dem Wald-Verein im Bereich des Großen Arbersees geschlagenes Tannengrün zur Verfügung stellen. Franz Mühl transportierte schließlich das „Grassert“ mit einem Anhänger zu seinem Anwesen in Griesbach, dort lagert es, bis es am Freitag zur Mittelschule gebracht wird.
Hier wird es dann beim Paradeislbinden verarbeitet. Dabei werden Rundstäbe aus Buchenholz, die Leo Kolb vorbereitet, mit zurechtgeschnittenen Tannenzweigen umhüllt, die mit feinem Bindedraht befestigt werden. Die so geschmückten Stäbe werden dann mit hölzernen Eckverbindungen pyramidenförmig zusammengesteckt. Die Paradeisl werden noch mit Strohsternen, farbigen Bändern und Kerzen geschmückt.
Die Paradeisl waren im Bayerwald die Vorläufer des Christbaums, der hier erst nach 1900 aufkam. Holzarbeiter aus Tirol und aus der Steiermark, die nach dem großen Sturm von 1870 zum Aufarbeiten im Waldgebirge angeheuert worden waren, hatten diese kunstvollen Gebilde als weihnachtliches Symbol aus ihrer Heimat mitgebracht, die heimische Bevölkerung übernahm diesen weihnachtlichen Brauch.
Vom Volkskundler Paul Friedl, selbst engagierter Wald-Vereinler, war die Anregung ausgegangen, diese Tradition weiterhin zu pflegen, und der damalige Vorsitzende Oskar Langer und Kulturwart Raimund Schuster verankerten diese Brauchtumspflege fortan fest in der Kulturarbeit der Sektion.
Der Name Paradeisl leitet sich von den mittelalterlichen Krippenspielen in den Kirchen ab, zu denen auch ein „Paradeisspiel“ gehörte, bei dem gezeigt wurde, wie durch Adam und Eva die Sünde in die Welt kam. Dabei wurde ein immergrüner Baum mit Äpfeln verziert. Dieser Überlieferung entsprechend wird auf die Spitze der Tannenpyramiden symbolhaft ein Apfel gesteckt.
Der Werknachmittag klingt mit einer gemütlichen Sitzweil aus. Nach getaner Arbeit wird Evi Haller den fleißigen Helfern eine Brotzeit und anschließend noch Plätzchen und Punsch (Tasse mitbringen) servieren. Bei der Adventsfeier des Wald-Vereins am Samstag, 6. Dezember, um 19 Uhr im Gasthof Kapfhammer werden die Paradeisl auf den Tischen prangen und festliche Stimmung verbreiten. Sie werden dann im Lauf des Abends verlost.