Letzte Kulturfahrt in diesem Jahr führte zur Burg Kašperk und zur Burg Rabí
Die letzte Kulturfahrt des Zwieseler Wald-Vereins führte wieder einmal ins Nachbarland Tschechien. Die Organisation lag bei Kulturwartin Ursula Stober.
Fast schon mystisch zeigte sich bei der Anreise die Landschaft, die teilweise noch nebelverhangen und von Raureif bedeckt war. Am Parkplatz unweit der Karlsburg bei Kašperské Hory (Bergreichenstein) gab es noch eine kleine Kaffeepause. Der Weg zur Burg führte durch eine mächtige Allee, die sich in ihrem schönsten herbstlichen Gewand zeigte.
Die Gründung der Burg Kašperk geht auf König Karl IV. zurück. Sie diente dem Zweck, einen neuen Zweig an der Handelsstraße, dem so genannten Goldenen Steig, zu schaffen, der Passau mit Kašperské Hory verband. Die Burg zeugte von der Absicht König Karls, zu dieser Zeit den internationalen Handel zu fördern und gleichzeitig auch zu sichern. Da es in Böhmen kein Salzvorkommen gab, wurde auf dem Goldenen Steig überwiegend Salz aus dem Voralpenland transportiert. Salz war in dieser Zeit gleichzusetzen mit dem Gold, das in den Goldminen um Bergreichenstein und aus der Otawa gewonnen wurde.
Die Karlsburg hat eine Länge von 180 und eine Breite von maximal 30 Metern. Markant und untypisch sind die zwei Türme im Ostteil der Burganlage, welche beide als Bergfried gebaut und genutzt wurden. Der Zugang zur Burg erfolgte damals über eine Zugbrücke, heute aktuell über eine feste Holzbrücke. Die Burg wurde nie von Feinden eingenommen und hatte, obwohl sie eine Königsburg war, im Zeitverlauf als Lehen viele unterschiedliche Besitzer. Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts verfiel sie zusehends, da sie für die jeweiligen Besitzer keinen strategischen Wert mehr hatte. Ab 1617 war sie unbewohnt, wurde von der Stadt Bergreichenstein gekauft und ist seither in ihrem Besitz und für den Tourismus in dieser Gegend eine große Bereicherung.
Nach dem Mittagessen ging es für die Ausflügler weiter zur Burg Rabí. Eine Führerin hatte zahlreiceh Infos parat: Die Burg Rabí besteht aus Kalksteinen der umliegenden Steinbrüche. Sie ist die größte Burgruine Tschechiens und zählt zu den ältesten Festungsanlagen des Landes. Die Erbauer dieser Burg sind nicht überliefert. Die früheste schriftliche Erwähnung der Anlage findet sich erst um 1380, als Eigentum von Puta I. von Schwihau, aus dem Geschlecht der Riesenberger.
Burg Rabí diente wohl ebenfalls der Sicherung der Handelswege zwischen Sušice und Horaž-ďovice sowie dem Schutz des Goldabbaus in den Minen rund um das Gebiet der Otawa. Im 15. Jahrhundert wurde die Burg Rabí durch König Wenzel erweitert, verstärkt und zur Festung ausgebaut. Letztendlich veranlasste im 15. Jahrhundert Puta I. von Schwitau die letzte Phase ihres Umbaus. Um die gesamte Anlage der Burg ließ er einen spätgotischen Festungsring errichten, dessen Mauern die der alten Burg an Stärke übertrafen und dem Beschuss durch Kanonen standhalten sollten. Der dort miteingebaute fünfstöckige Wohnturm diente der Sicherheit der Familie, enthielt einen Rittersaal und bot eine gigantische Fernsicht in die Umgebung, um angreifende Feinde rechtzeitig zu erspähen.
Aber auch hier war der Niedergang der Burg unausweichlich. Ständig wechselnde Besitzer ohne Interesse am Erhalt, die Wirren des 30-jährigen Krieges, zwei Hussitenüberfälle, Brandschatzungen und Plünderungen durch die Bevölkerung haben der Burg sehr zugesetzt und sie letztendlich zur Ruine gemacht. Sie blieb jedoch von einer endgültigen Zerstörung verschont. Die gewaltigen Festungsmauern und die gotischen Kellergewölbe sind noch sehr gut erhalten. Das enorme Ausmaß dieser Burganlage versetzte die Ausflügler in Erstaunen. „Wie die Leute das damals ohne irgendwelche technischen Hilfsmittel geschafft haben, kann man nur bewundern“, waren sich alle einig.
Viele Bemerkungen wurden gemacht, über die Beschwerlichkeiten und die kalten, zugigen Räumlichkeiten, mit denen sich die Bewohner der Burgen abzufinden hatten. „Bin ich froh, nicht in dieser Zeit gelebt zu haben“, war oft zu hören. Mit viel Gesprächsstoff trat man die Heimreise an. Ein Dank ging an Ursula Stober sowie an die Fahrer Manuela und Marten, die alle wieder sicher und wohlbehalten nach Zwiesel zurückbrachten.
von Marianne Hirschbold
